19.06.2015, 10:53 Uhr:
Vergangene Woche hat Apple seinen neuen Musikdienst vorgestellt - und sich auch dafür feiern lassen, dass man die Musiker besser bezahlt als die Konkurrenz. Doch bei genauerer Betrachtung hat die Sache einen gewaltigen Haken, gegen den sich jetzt zahlreiche Plattenfirmen und Verbände zur Wehr setzen
Apple wird in naher Zukunft einen eigenen Streaming-Dienst anbieten. Neben einem Radio-änlichen Service mit verschiedenen Sparten, wird es auch ein Abo-Modell geben, wie es beispielsweise von Konkurrenten wie Spotify bekannt ist. Um den neuen Dienst zu etablieren gewährt Apple eine kostenlose Testphase, doch an dieser gibt es massive Kritik aus Teilen der Musikindustrie. In den Augen diverser Künstler fällt diese mit 3 Monaten eindeutig zu lang aus. Gegen die eigentliche Laufzeit werden dabei keine Einwände erhoben. Bemängelt wird vielmehr, dass die Musiker und ihre Vertreter in dieser Zeit kein Geld erhalten.
Apple begründet dies auch damit, dass nach der Testphase dafür durchschnittlich 73 Prozent der Einnahmen an die Künstler ausgeschüttet werden, während es bei den Mitbewerbern üblicherweise 70 Prozent sind. Dabei wird aber übersehen, dass die Testphase dort in der Regel nur einen Monat beträgt - und zudem von den Streaming-Diensten aus eigener Tasche vergütet wird. Bei den kleinen Plattenfirmen hat man - die sicher nicht ganz unberechtigte Sorge - dass die Nutzer in der Apple-Testphase einen großen Teil ihrer Musik-Bedürfnisse befriedigen und deshalb später weniger herunterladen oder gar nicht erst zu Abonnenten werden. Zusammen mit (wahrscheinlich) wegbrechenden Verkäufen bei iTunes dürfte das massive wirtschaftliche Folgen haben.
Dabei habe Apple ein solches Verhalten gar nicht nötig, wie Jörg Heidemann als Generalsekretär des Verband unabhängiger Musikunternehmen (VUT) in einem offenen Brief an Apple-Chef Tim Cook kritisiert. Immerhin sei Apple mit einem Marktwert von über 700 Milliarden Dollar kein kleines Start-up-Unternehmen, dem man bei der Existenzgründung unter die Arme greifen müsse. Daher fordert Heidemann auch eine gerechtere Entlohnung, wie sie von Apple in der Vergangenheit wohl auch gezahlt wurde: "Wir als VUT begrüßen neue Geschäftsmodelle und weitere Anbieter auf dem Streamingmarkt. Jedoch sind die von Apple angebotenen Vertragsbedingungen völlig unangemessen. Dies kann für unsere Mitglieder und deren Künstlerinnen und Künstler zu erheblichen Umsatzeinbußen bei den Lizenzeinnahmen führen, im Extremfall kann dies existenzgefährdend sein. Wir haben Apple bisher als fairen Partner der unabhängigen Musikbranche wahrgenommen, darum wäre es wünschenswert, dass der Konzern eine faire Lösung mit den unabhängigen Musikunternehmen findet".
Dementsprechend haben viele Mitglieder im Verband die Verträge mit Apple noch nicht unterschrieben. Doch auch in anderen Ländern regt sich Widerstand. So hat etwa die "American Association of Independent Music" A2IM ihren Mitgliedern empfohlen, die Verträge vorerst nicht zu unterschreiben. Dies könne man nach dem 1. Oktober immer noch tun, wenn die kostenlose Testphase der ersten Nutzer ausläuft. Auch in Großbritannien wehren die die Indie-Labels gegen die Verträge, dort hat laut Andy Heath von der britischen Lobby-Gruppe UK Music noch keine unabhängige Firma die Verträge mit Apple unterschrieben. Bislang stehen also im Prinzip nur die drei großen Firmen der Branche als Vertragspartner für Apple fest, während Künstler unabhängiger Labels (zumindest vorerst) nicht bei Apple Music zu hören sein werden. Damit könnte das Angebot bei Apple um einiges kleiner ausfallen als bei der Konkurrenz.
Wer wissen möchte, wie sich Musik-Flatrates auf die Einnahmen der Künstler auswirken, sollte unser Interview mit der Kult-Band Extrabreit lesen, das sich auch mit diesem Thema beschäftigt.
Update, 22.06.2015, 10:50 Uhr: Laut einer Meldung des Apple-Managers Eddy Cue (Senior Vice President of Internet Software and Services bei Apple) wird der Konzern seine Regelungen bezüglich der Entlohnung der Künstler in der Testphase grundlegend ändern. Demnach werden auch in den 3 kostenlosen Probemonaten die vollen Beträge ausgezahlt, wie Cue bei Twitter mitgeteilt hat:
<CENTER>
Laut den aktuellen Meldungen waren für das Umdenken aber weder die Proteste zahlreicher Künstler, noch die Kritik diverse Musikverbände ausschlaggebend. Angeblich soll erst ein Blogeintrag von Taylor Swift die Apple-Manager zur Meinungsänderung veranlasst haben. Die Künstlerin hatte ebenfalls kritisiert, dass ein finanzstarker Konzern wie Apple sein neues Geschäftsmodell auf dem Rücken von überlicherweise ohnehin nicht üppig bezahlten Menschen aufbauen will (wobei sie sich selber ausnimmt).
Inwieweit die Kritik von Swift der Auslöser für die Änderungen seitens Apple war, wird sich wahrscheinlich nie klären lassen. Letztlich ist das aber egal, denn am Ende zählt nur das Ergebnis für die Betroffenen, die nun nicht drei Monate auf ihre gerechte Bezahlung verzichten müssen. Inwieweit jetzt noch offene Verträge unterzeichnet werden, wird sich in den nächsten Tagen klären. Dann dürfte auch feststehen, ob das aktuelle Album "1989" von Taylor Swift über Apple Music erhältlich sein wird, das bislang nicht im Paket enthalten ist.
Update, 24.06.2015, 15:17 Uhr: Nach der Ankündigung von Apple zur Vergütung während der Testphase, haben die Indie-Labels ihre Vertragsverhandlungen wieder aufgenommen. Dabei wurde laut dem Branchenmagazin Billboard bereits eine Einigung mit den Vereinigungen Vereinigungen "Merlin" und "Beggars Group" getroffen, die zusammen über 20.000 Labels und Vertreiber vertreten. Dabei konnte auch vereinbart werden, dass bereits geschlossene Verträge ebenfalls unter die neuen Regelungen fallen. Laut dem VUT wird Apple zudem "weitere Vertragsbedingungen, die für Bedenken sorgten, ändern". Welche das sind, wurde nicht weiter erläutert.
Ob die jetzt gefundene Einigung noch rechtzeitig zum Marktstart von Apple Music in weniger als einer Woche erfolgt ist, ist aktuell fraglich. Doch bereits in Kürze dürfte das Angebot des neuen Streaming-Dienstes zahlreiche Titel und Alben der Künstler beinhalten, für die jetzt Verträge geschlossen wurden.
Meinung des Autors: Apple Music könnte den Markt umkrempeln. Doch dafür muss das Angebot stimmen, was nur dann gelingt, wenn man die Indie-Labels ins Boot holt. Und die wollen natürlich bezahlt werden, und das völlig zurecht.
Vergangene Woche hat Apple seinen neuen Musikdienst vorgestellt - und sich auch dafür feiern lassen, dass man die Musiker besser bezahlt als die Konkurrenz. Doch bei genauerer Betrachtung hat die Sache einen gewaltigen Haken, gegen den sich jetzt zahlreiche Plattenfirmen und Verbände zur Wehr setzen
Apple wird in naher Zukunft einen eigenen Streaming-Dienst anbieten. Neben einem Radio-änlichen Service mit verschiedenen Sparten, wird es auch ein Abo-Modell geben, wie es beispielsweise von Konkurrenten wie Spotify bekannt ist. Um den neuen Dienst zu etablieren gewährt Apple eine kostenlose Testphase, doch an dieser gibt es massive Kritik aus Teilen der Musikindustrie. In den Augen diverser Künstler fällt diese mit 3 Monaten eindeutig zu lang aus. Gegen die eigentliche Laufzeit werden dabei keine Einwände erhoben. Bemängelt wird vielmehr, dass die Musiker und ihre Vertreter in dieser Zeit kein Geld erhalten.
Apple begründet dies auch damit, dass nach der Testphase dafür durchschnittlich 73 Prozent der Einnahmen an die Künstler ausgeschüttet werden, während es bei den Mitbewerbern üblicherweise 70 Prozent sind. Dabei wird aber übersehen, dass die Testphase dort in der Regel nur einen Monat beträgt - und zudem von den Streaming-Diensten aus eigener Tasche vergütet wird. Bei den kleinen Plattenfirmen hat man - die sicher nicht ganz unberechtigte Sorge - dass die Nutzer in der Apple-Testphase einen großen Teil ihrer Musik-Bedürfnisse befriedigen und deshalb später weniger herunterladen oder gar nicht erst zu Abonnenten werden. Zusammen mit (wahrscheinlich) wegbrechenden Verkäufen bei iTunes dürfte das massive wirtschaftliche Folgen haben.
Dabei habe Apple ein solches Verhalten gar nicht nötig, wie Jörg Heidemann als Generalsekretär des Verband unabhängiger Musikunternehmen (VUT) in einem offenen Brief an Apple-Chef Tim Cook kritisiert. Immerhin sei Apple mit einem Marktwert von über 700 Milliarden Dollar kein kleines Start-up-Unternehmen, dem man bei der Existenzgründung unter die Arme greifen müsse. Daher fordert Heidemann auch eine gerechtere Entlohnung, wie sie von Apple in der Vergangenheit wohl auch gezahlt wurde: "Wir als VUT begrüßen neue Geschäftsmodelle und weitere Anbieter auf dem Streamingmarkt. Jedoch sind die von Apple angebotenen Vertragsbedingungen völlig unangemessen. Dies kann für unsere Mitglieder und deren Künstlerinnen und Künstler zu erheblichen Umsatzeinbußen bei den Lizenzeinnahmen führen, im Extremfall kann dies existenzgefährdend sein. Wir haben Apple bisher als fairen Partner der unabhängigen Musikbranche wahrgenommen, darum wäre es wünschenswert, dass der Konzern eine faire Lösung mit den unabhängigen Musikunternehmen findet".
Dementsprechend haben viele Mitglieder im Verband die Verträge mit Apple noch nicht unterschrieben. Doch auch in anderen Ländern regt sich Widerstand. So hat etwa die "American Association of Independent Music" A2IM ihren Mitgliedern empfohlen, die Verträge vorerst nicht zu unterschreiben. Dies könne man nach dem 1. Oktober immer noch tun, wenn die kostenlose Testphase der ersten Nutzer ausläuft. Auch in Großbritannien wehren die die Indie-Labels gegen die Verträge, dort hat laut Andy Heath von der britischen Lobby-Gruppe UK Music noch keine unabhängige Firma die Verträge mit Apple unterschrieben. Bislang stehen also im Prinzip nur die drei großen Firmen der Branche als Vertragspartner für Apple fest, während Künstler unabhängiger Labels (zumindest vorerst) nicht bei Apple Music zu hören sein werden. Damit könnte das Angebot bei Apple um einiges kleiner ausfallen als bei der Konkurrenz.
Wer wissen möchte, wie sich Musik-Flatrates auf die Einnahmen der Künstler auswirken, sollte unser Interview mit der Kult-Band Extrabreit lesen, das sich auch mit diesem Thema beschäftigt.
Update, 22.06.2015, 10:50 Uhr: Laut einer Meldung des Apple-Managers Eddy Cue (Senior Vice President of Internet Software and Services bei Apple) wird der Konzern seine Regelungen bezüglich der Entlohnung der Künstler in der Testphase grundlegend ändern. Demnach werden auch in den 3 kostenlosen Probemonaten die vollen Beträge ausgezahlt, wie Cue bei Twitter mitgeteilt hat:
<CENTER>
<script async src="//platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script></CENTER>#AppleMusic will pay artist for streaming, even during customer’s free trial period
— Eddy Cue (@cue) 22. Juni 2015
Laut den aktuellen Meldungen waren für das Umdenken aber weder die Proteste zahlreicher Künstler, noch die Kritik diverse Musikverbände ausschlaggebend. Angeblich soll erst ein Blogeintrag von Taylor Swift die Apple-Manager zur Meinungsänderung veranlasst haben. Die Künstlerin hatte ebenfalls kritisiert, dass ein finanzstarker Konzern wie Apple sein neues Geschäftsmodell auf dem Rücken von überlicherweise ohnehin nicht üppig bezahlten Menschen aufbauen will (wobei sie sich selber ausnimmt).
Inwieweit die Kritik von Swift der Auslöser für die Änderungen seitens Apple war, wird sich wahrscheinlich nie klären lassen. Letztlich ist das aber egal, denn am Ende zählt nur das Ergebnis für die Betroffenen, die nun nicht drei Monate auf ihre gerechte Bezahlung verzichten müssen. Inwieweit jetzt noch offene Verträge unterzeichnet werden, wird sich in den nächsten Tagen klären. Dann dürfte auch feststehen, ob das aktuelle Album "1989" von Taylor Swift über Apple Music erhältlich sein wird, das bislang nicht im Paket enthalten ist.
Update, 24.06.2015, 15:17 Uhr: Nach der Ankündigung von Apple zur Vergütung während der Testphase, haben die Indie-Labels ihre Vertragsverhandlungen wieder aufgenommen. Dabei wurde laut dem Branchenmagazin Billboard bereits eine Einigung mit den Vereinigungen Vereinigungen "Merlin" und "Beggars Group" getroffen, die zusammen über 20.000 Labels und Vertreiber vertreten. Dabei konnte auch vereinbart werden, dass bereits geschlossene Verträge ebenfalls unter die neuen Regelungen fallen. Laut dem VUT wird Apple zudem "weitere Vertragsbedingungen, die für Bedenken sorgten, ändern". Welche das sind, wurde nicht weiter erläutert.
Ob die jetzt gefundene Einigung noch rechtzeitig zum Marktstart von Apple Music in weniger als einer Woche erfolgt ist, ist aktuell fraglich. Doch bereits in Kürze dürfte das Angebot des neuen Streaming-Dienstes zahlreiche Titel und Alben der Künstler beinhalten, für die jetzt Verträge geschlossen wurden.
(Mit Material von: area-dvd)
Meinung des Autors: Apple Music könnte den Markt umkrempeln. Doch dafür muss das Angebot stimmen, was nur dann gelingt, wenn man die Indie-Labels ins Boot holt. Und die wollen natürlich bezahlt werden, und das völlig zurecht.